Wenn es eine Sache gibt, die Kakteen aus der Andenregion wirklich benötigen, dann ist es Licht. Wer schon einmal aus Interesse den UV-Index in beispielweise Salta oder Tarija recherchiert hat, so wird einem klar, dass unsere Lichtverhältnisse in Mitteleuropa nicht mithalten können, selbst im Hochsommer. Nichtsdestotrotz können die Blütenwunder aus den Anden wunderbar in unseren Breitengraden kultiviert werden.

Ich pflege sowohl in Frühbeeten, überdacht & quasi in "Freilandhaltung". Alle Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Ein paar meiner Erfahrungen und technischen Errungenschaften, teilweise der Marke Eigenbau möchte ich in diesem Beitrag näher Beleuchten. Abgebildet ist eine selbstgebaute Überdachung, um den meisten Regen fernzuhalten. Es gibt Dinge, die man doch gern selbst unter Kontrolle haben möchte & da gehört die Bewässerung dazu. Die Sommer in Südschweden sind meist moderat warm & lichtdurchflutet - dennoch gibt es Perioden, in denen auch der Garten geflutet werden kann. Deshalb kultiviere ich nur bedingt komplett ungeschützt.

Das Frühbeet ist meiner Ansicht nach das Optimum in der Kultur. Ich benutzte Frühbeet in unterschiedlichsten Preis- und Qualitätsklassen und bin mit diesem Modell sehr zufrieden. Versehen mit einem automatischen Fensteröffner wird Stauhitze vermieden. Temperaturen über 30°C sind wenig förderlich für Rebutia & Co. Starke Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht entsprichen ihrer Natur & durch meine geographische Lage kann ich diese auch im Sommer bieten. Hier in Småland scheint die Sonne bis zu 18 Stunden zur Sommersonnenwende, wobei der sogenannte Lichtsättigungspunkt wohl bereits nach 12 Stunden erreicht sein mag.
Nachteile des Frühbeetes:
• Die 8mm Stegdoppelplatten filtern einen Teil des UV-Lichts, welches essentiell ist für gesundes & kompaktes Wachstum, alle biochemischen Vorgänge in der Pflanze & eine schöne Bedornung. So dramatisch ist es allerdings nicht, dennoch sollte dieser Fakt nicht unerwähnt bleiben!
• Ein wenig handwerkliches Geschick ist beim Aufbau erforderlich
• Man muss sich auf den Fensteröffner verlassen können & immer einen Ersatzzylinder auf Vorrat haben. Die Temperaturen steigen rasant im geschlossenen Frühbeet an (teilweise jenseits der 45°C).
• Bei voll geöffneter Dachlucke bietet sie dem Wind eine perfekte Angriffsfläche. Es passierte mir 2 mal, dass Frühbeete im Garten verteilt worden sind.
• Selbst bei geöffneter Dachlucke kann es zu mangelnder Luftzirkulation kommen. Speziell die Pflanzen in den vorderen und seitlichen Bereichen können anfällig für Sonnenbrand sein.
Vorteile:
• Die Kakteensaison wird mit Frühbeeten um bis zu 8 Wochen verlängert. Bereits Ende März/Anfang April kann ich kälteunempfindlichere Arten bereits nach draußen platzieren & mithilfe primitiver Heizungen frostige Nächte im einstelligen Minusbereich überbrücken.
• Selbst bei frischen Tagestemperaturen, wie sie hier im Frühling üblich sind, so kann ein behagliches Mikroklima geschaffen werden. Angenommen es sind 10°C und Sonnenschein, so sind es je nach Justierung des Fensteröffners 23°C im Kasten
• Schutz vor Wetterkapriolen
• Schutz vor ungebetenen Eindringlingen wie beispielsweise Schnecken
• Die Dachlucke kann problemlos entfernt werden. An sonnigen Tagen oder gar mehrere Wochen im Sommer wird die Überdachung komplett entfernt. Ungefiltertes Licht erreicht die Pflanzen und der Wind kann (nahezu) ungehindert durch die Dornen streifen.
Um noch mehr Luftzirkulation zu ermöglichen so baute ich diese Überdachung im Frühjahr 2024. Es dient im Prinzip lediglich als Regenschutz und ist nach Süden ausgerichtet. Ich bin mit dem Zuwachs der Pflanzen recht zufrieden! Ein Gedanke am Rande: sollte man Kakteen wirklich so penibel vor allen Einflüssen schützen?
Ich habe ein kleines Experiment gewagt mit ein paar Sulcorebutien:
Da ich nicht viele "Sulcos" kultiviere so pflanzte ich alle in recht tiefe Blumenkästen. Im Boden ist eine Schicht Blähton für die maximale Drainage, das Substrat an sich besteht quasi nur aus Bims. Die oberste Schicht wurde mit Gesteinsgrus abgedeckt und für den ästhetischen Faktor kamen ein paar flache, dunkle Steine ins Spiel. Diese Kästen wurden im Mai, fast schon lieblos, an der sonnigsten Stelle im Garten platziert und wurden sich selbst überlassen. Lediglich bei einer langen, trockenen Periode half ich mit der Gießkanne nach & 2 Portionen Flüssigdünger gab es auch.
Als ich Ende September die Kästen unter's Vordach stellte so war ich verwundert: an den Löchern am Boden der Kästen ist bereits zu sehen, dass die Wurzeln sich ihren Weg gebahnt haben. Außerdem hat sich die Färbung der "Rauschiis" grandios entwickelt! Trotz teilweiser üppiger Regenfälle im Sommer - den Kakteen scheint es nicht geschadet zu haben. Diese Beobachtung ist die Bestätigung, dass ich mehr "wilde" Kultur wagen werde.
Fazit: Ein sonniger Platz gen Süden ist während der warmen Monate genau das richtige für Südamerikanische Hochlandkakteen. Das Frühbeet ist für meinen Teil perfekt um unsichere Übergangszeiten zu überbrücken. Speziell im Frühherbst kann somit der Sommer noch etwas verlängert werden! Wenn es mit Sonnenschein im Frühbeet noch deutlich über 20°C warm wird & die Nächte bereits frisch sind so sind annähernd perfekte Bedingungen geschaffen.
Im Jahr 2025 werde ich, sobald es einigermaßen frostfrei ist, die meisten Rebutien komplett frei die schönen Monate genießen lassen. Nur bei tagelangem Dauerregen wird die schützende Hand des Kakteenliebhabers eingreifen.
Vielen Dank für diesen Praxisbericht. Ich hatte mir sowieso vorgenommen, diese Saison etwas mutiger zur Giesskanne zu greifen, deine Aussagen bestärken mich darin 🤗
AntwortenLöschenDie Blumenkisten sehen übrigens super aus, vielleicht kopiere ich das 👍
Vielen Dank für den Kommentar! Ich selbst gehöre wohl zu den "Vielgießern", sagen wir im Abstand von 7-14 Tagen. Eigentlich ist es sowohl eine Gefühlssache wie auch absolut unregelmäßig. Kakteen werden Das nehmen, was sie bekommen. Die Sulcos haben mich überrascht, da ihre Rübenwurzeln als doch sehr empfindlich gelten. Wenn man ihnen Platz gibt, sie werden ihn nutzen! :) In gewöhnlicher Topfkultur kann das nach hinten losgehen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, aber im Notfall kann man selbst immernoch eingreifen.
Löschen